Im Bündner Bergdorf Tschlin gibt es ein Kulturprojekt, das Erinnerungen an bestimmte Gerüche riechbar und dadurch wieder erlebbar macht. Aus dem Archiv der besonderen Art geht es nun hinaus in die Landschaft, um diese mit der Nase zu erkunden. Das Ziel des «innovativen Ansatzes»: den Geruchssinn als Zugang zur Landschaft schulen und so die emotionale Verbindung mit ihr stärken.
«Als Kinder haben wir immer Baumharz als Kaugummi gekaut.» – «Das hat man ausschliesslich mit Arvenholz gemacht.» – «Mein Onkel hat jeweils im Wald das harte Harz ein paar Minuten vorgekaut, bevor ich den vorbereiteten Kaugummi bekommen habe. Er war ein Liebhaber von dunklem Bier und von Villiger-Stumpen.» So lauten die Erinnerungen, die drei Bündner Männer zusammengetragen und dem «Archiv der alpinen Geruchserinnerungen» geschildert haben. Dieses Archiv im Unterengadiner Bergdorf Tschlin ist vom Künstler Curdin Tones zusammen mit dem Designer Philipp Kolmann für die Kulturinitiative Somalgors74 begründet worden, und es besteht aus mehr als nur aus gesammelten Erinnerungen an Gerüche auf Papier.
«Einen Geruch kannst Du nicht eins zu eins für immer einfangen», sagt Curdin Tones. «Du musst herausfinden, wie Du einen Geruch aus beschriebenen Erinnerungen neu aufbauen kannst.» So tüftelt er im alten Stall, der das Archiv beherbergt und zugleich als Atelier dient, an der Herstellung von Geruchsessenzen aus Material, das er in der Umgebung findet. Da wird zerrieben, destilliert, ausprobiert, neu gemischt... und schliesslich in Alkohol eingelegt, wenn der gesuchte Geruch wiedergefunden ist und in einem Fläschchen aufbewahrt werden kann.