Der Natischerberg oberhalb von Naters VS ist eine von Gletschern geformte Landschaft, die sich durch ein Mosaik unterschiedlicher Geländeformen und Nutzungsformen auszeichnet. Das Projekt «Natur- und Kulturlandschaft Natischerberg» bezieht zahlreiche Landschaftselemente mit ein: etwa Trockenmauern, Wege, Suonen, Weiden und ein Flachmoor. Das langfristige Engagement der Burgergemeinde und der Gemeinde Naters zahlen sich aus.
Von Michel Bhend
Hierhin führte mich vor etwa zwölf Jahren eine meiner ersten Begehungen als FLS-Mitarbeiter. Aus den FLS-internen Unterlagen zum Vorhaben ging hervor, dass sich die Burgerschaft Naters bereits Jahre zuvor mit einer Anfrage zur Sanierung der Färricha, der Schafpferche auf der Belalp, an den FLS gewendet hatte. Auf einer Ortsschau regte die FLS-Delegation an, nicht „nur“ die Färricha anzugehen, sondern die Landschaft mit all ihren Elementen aufzuwerten. Dieser Input wurde bestens angenommen und umgesetzt, so dass ich im Juni 2011 mit Vertretern der Burgergemeinde Naters sehr gut ausgeführte Trockenmauerarbeiten, Instand gestellte Suonen u.a. mit neuen Holzkänneln und das für den Natischerberg definierte neue Zaunmodell begutachten konnte. Für eine Besichtigung der Färricha oder gar der berühmten Steigle, der einzigen Verbindung vom Aletschbord ins Alpgebiet Aletschji, die zwischen zwei Felspartien trockenmauergestützt im Zickzack 100 Meter steil hinunterführt, reichte auch ein ganzer Tag nicht. In meinen Notizen zur Begehung hob ich bereits damals die grosse Motivation aller Beteiligten und das enorme Engagement des Försters Christian Theler hervor.
Bijou wiederentdeckt
Die Begehung führte uns auf der Alten Strasse von Naters über die Geimmatte in Richtung Blatten: Ein wahres Bijou mit beidseitigen, aber sanierungsbedürftigen Trockenmauern! Zu meinem Erstaunen eröffnete man mir, dass diese wunderbare Verkehrsverbindung nicht im Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz IVS verzeichnet sei, was Bedingung für die Subventionierung durch das Bundesamt für Strassen ASTRA ist, und dass deshalb das Teilprojekt 7, die Sanierung ebendieser Strasse aktuell auf Eis liege. Mit schönen Bildern zurück in Bern kontaktierte ich unverzüglich die im ASTRA für das IVS zuständige Stelle. Es war rasch klar, dass es sich um einen Fehler im Inventar handeln musste.
Mit der kurz darauf in Aussicht gestellten Teilfinanzierung durch das ASTRA und mit dem Beschluss der FLS-Kommission zur Unterstützung des historischen Verkehrswegs stand der Sanierung durch die Gemeinde Naters nichts mehr im Wege. Nach mehrjährigen Arbeiten konnte die Instand gestellte Alte Strasse im Oktober 2020 eingeweiht werden. Bereits zwei Jahre zuvor waren Christian Theler und ich auf Wunsch der Fernsehsendung «Schweiz Aktuell» wieder zusammengekommen, um anhand ausgewählter Massnahmen am Natischerberg das Wirken des FLS aufzuzeigen.
Landschaftsmosaik wiederhergestellt
Parallel zur Sanierung der Alten Strasse wurde ein Projekt ausgearbeitet. Sein Ziel war der Erhalt und die Wiederherstellung der durch den Aletschgletscher geschaffenen Rundhöckerlandschaft am Abhang des Geimerhorns, die enorm reich an kleinflächig wechselnden Standorten und Strukturen ist. Dieses extrem vielfältige Lebensraummosaik ist neben den naturräumlichen Gegebenheiten auf die menschlichen Nutzungen zurückzuführen, die jedoch in den letzten Jahrzehnten aufgegeben wurden. Viele wertvolle Flächen wurden so durch den Sefistrauch (Juniperus sabina) überwuchert, und anstelle des auch landschaftlich attraktiven Mosaiks etablierte sich eine monoton-grüne Fläche.
Mit dem Projekt «Allmein Geimerhorn» werden die Sefisträucher im Rahmen von Freiwilligeneinsätzen oder durch den Forst zurückgedrängt sowie wertvolle Baum- und Straucharten gefördert bzw. freigestellt. Der Unterhalt der geöffneten Flächen wird mit einer behirteten Ziegenherde sichergestellt. Im idyllischen Mättimoos konnte das Hirtengebäude so saniert werden, dass es dem Hirten als einfache Unterkunft dient und gleichzeitig ein wunderbares traditionelles Kulturlandschaftselement darstellt. Auch das Flachmoor wird im Rahmen des Projekts aufgewertet.
Das Projekt «Natur- und Kulturlandschaft Natischerberg» ist ein integrales Vorzeigeprojekt, das alle wesentlichen Kulturlandschaftselemente einbezieht und diese zu erhalten oder aufzuwerten sucht. Die starke und motivierte Trägerschaft (Burgerschaft und Gemeinde Naters) können dabei auf das riesige Engagement des Försters Christian Theler zählen. Allen Beteiligten gilt im Namen des FLS grosser Dank!
Michel Bhend ist Geograph und arbeitet seit 2011 als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim FLS. Er ist zuständig für die Begleitung der Projekte in der westlichen Deutschschweiz.