Vielfältiger Einsatz für Steinkauz, Ziegenmelker & Co.

Sowohl im intensiv genutzten Landwirtschaftsland als auch in voralpinen Weidegebieten lassen sich Flächen finden und aufwerten, die im Sinne der ökologischen Infrastruktur wichtig sind für die Biodiversität. Das zeigt ein Augenschein in einem breit angelegten Projekt zur Förderung gefährdeter Vogelarten, das der FLS im Tessin unterstützt und Erfolge vorweisen kann.   

«So viele Steinkauz-Paare auf so engem Raum gibt es sonst nirgends in Europa», sagt Roberto Lardelli. Mitten im intensiv genutzten Landwirtschaftsland der Magadino-Ebene zeigt der Tessiner Ornithologe stolz in verschiedene Richtungen: «Da, dort, da drüben... sechs Brutpaare auf einer Fläche von bloss anderthalb Quadratkilometern!» Zu sehen ist die stark gefährdete Vogelart freilich nirgends. In den angezeigten Richtungen sind bestenfalls unscheinbare Kästen an den Wänden landwirtschaftlicher Gebäude zu entdecken: speziell konstruierte Holzbeton-Nistkästen, die den Steinkäuzen zur Brut und Aufzucht ihrer Jungen dienen.

Gut für den Steinkauz – und für die Landschaft

Gerade noch vier Brutpaare habe es 2005 im Tessin gegeben, sagt der Präsident von Ficedula, der Associazione per lo studio e la conservazione degli uccelli della Svizzera italiana. Schweizweit war der Steinkauz-Bestand damals auf knapp fünfzig Paare geschrumpft, weil im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft und der Ausdehnung der Siedlungsgebiete geeignete Lebensräume verloren gegangen waren. Dank gezielter Artenförderung gibt es mittlerweile wieder über 150 Reviere, die meisten in der Ajoie und im Genfer Hinterland, vereinzelte auch im Grossen Moos – und im Tessin konnten neulich wieder 24 Paare gezählt werden.

Die erfreuliche starke Zunahme ist eine Frucht der Bemühungen, die der Verein Ficedula und seine nationale Dachorganisation BirdLife Schweiz seit bald zwanzig Jahren zur Förderung prioritärer Vogelarten im Tessin unternehmen. Seit 2015 unterstützt der FLS die Massnahmen, die neben dem Steinkauz insbesondere auch dem Wiedehopf und dem Ziegenmelker, seit 2020 auch noch der Turteltaube und weiteren seltenen Vogelarten zugutekommen sollen. 160'000 Franken hat der FLS bisher bereitgestellt: grösstenteils für landschaftsprägende Massnahmen zur Aufwertung der Lebensräume der erwähnten Vogelarten und ihrer Beutetiere, für die Pflanzung von Hochstammbäumen und Hecken, für das Anlegen von Ast- und Steinhaufen, für die Förderung von artenreichen Krautsäumen und Wiesenstreifen, die möglichst gestaffelt gemäht werden und reichhaltige Nahrung an Insekten und Kleintieren bieten.

Sensibilisierung zeigt bei Landwirten Wirkung

«Wo der Steinkauz lebt, ist das ein gutes Zeichen für die Biodiversität», sagt Roberto Lardelli. Viele Massnahmen kommen nicht nur einer einzigen Zielart zugute, sondern fördern mehrere Vogelarten, ja die ganze Vielfalt in Flora und Fauna. Doch es gibt auch gezielte, auf einzelne Arten ausgerichtete Massnahmen: In neuen oder sanierten Trockenmauern werden spezielle Brutnischen für den Wiedehopf eingebaut. Für den Steinkauz wurde genau erfasst, wo schon bisher Brutplätze in Baumhöhlen und alten Gebäuden vorhanden waren; an geeigneten Orten wurden neue Nistkästen platziert – jetzt gilt es dafür zu sorgen, dass sie erhalten bleiben und vor allem in Ruhe gelassen werden.

«Unser Ziel ist, hier in der Magadino-Ebene eine starke Population zu erhalten, die sich dann in andere geeignete Gebiete wie die Riviera ausbreiten kann», sagt Chiara Scandolara. Die Ficedula-Mitarbeiterin ist BirdLife-Schweiz-Verantwortliche für Artenförderung im Tessin. Der Erfolg der jahrelangen Projektarbeit ist aus ihrer Sicht auch darauf zurückzuführen, dass sich die Haltung vieler Landwirte positiv verändert habe: «Sie sind offener geworden für die Förderung der Biodiversität auf ihren Flächen.» Aber es könne und müsse noch mehr getan werden, um den Bestand der gefährdeten Vogelarten zu sichern. «Wir sind mit der Arbeit noch lange nicht fertig.»

Was getan werden kann, können Sie hier weiter lesen: Deutsche Fassung des italienischen Haupttextes

Fotos: Steinkauz (ganz oben) und Wiedehopf (Michael Gerber)

2.12.22