Hin zu einer "essbaren Landschaft" in Eysins

Die Landschaft, die der französische Schriftsteller Jean Giono in seinen Briefen geschildert hat, ist für Antoine Giovannini eine Einladung, die eigenen Landschaften zu leben und ihre subtilen Nuancen zu schätzen. Diese Nuancen ergeben sich aus einer direkten Beziehung zu unserer Landschaft durch Handarbeit, die unsere Landschaftsformen organisch und somit einzigartig macht.

Landschaft kann man nicht messen, nur erleben. Genau darin liegt manchmal die Schwierigkeit ihres Schutzes: Wie und woran kann man ihren Zustand messen? Gleichzeitig bietet sich hier die Chance, das Erleben und die Emotionen aufzuwerten. Denn uns alle eint das Bedürfnis nach einer erfüllenden und einzigartigen Landschaft, die uns aufgrund ihrer Besonderheiten, ihres Charakters und ihrer Identifikationskraft berührt.

Wie soll man in einer Zeit der Digitalisierung und Mechanisierung diesen Ruf nach dem Sinnlichen, Anfassbaren und nach handgefertigten Landschaften verstehen? Gerade im Mittelland, wo solche Landschaften verschwunden sind, ist es möglich, neue ästhetische und verbindende Beziehungen zu knüpfen. Dafür könnte es hilfreich sein, bestimmte Landschaftsformen wiederzuentdecken und sie dort zu platzieren, wo das Bedürfnis nach einer «schönen Kulturlandschaft» vorhanden ist: in der Nähe von Siedlungen.

Das kürzlich vom FLS unterstützte Projekt "Jardin d'Eos" in Eysins VD illustriert diesen Ansatz. Es sieht vor, dort, wo die Bäume von früher nicht mehr stehen, einen Esswald zu pflanzen: eine synergetische Ansammlung von Bäumen, Sträuchern, Bodendeckern und Lianen, die Nahrung, Wohlbefinden, Heilpflanzen, Begegnungen, Sensibilisierung und Bildung bietet. So entsteht ein bewaldetes und nur zu Fuss begehbares Grundstück, das den organischen Linien früherer Landwirtschaftsformen folgt. Die vielen helfenden Hände stammen aus der dicht besiedelten Nachbarschaft und beleben das Projekt. Dieser verbindend und multifunktional gedachte Ort baut vielleicht eine neue Landschaft der Nähe auf und ermöglicht es den vorstädtischen Gebieten, wieder reich an natürlichen und menschlichen Texturen zu werden.

Artikel im Bulletin 66