Fonds Landschaft Schweiz (FLS) Fonds Suisse pour le Paysage (FSP) Fondo Svizzero per il Paesaggio (FSP) Fond Svizzer per la Cuntrada (FSC)
Die Leitung des Fonds Landschaft Schweiz FLS tagt in Solothurn und besichtigt unterstützte Projekte in der Witi
Der FLS fördert Solothurner Kulturlandschaften
Mehr als 25 Projekte zur Erhaltung und Aufwertung naturnaher Kulturlandschaften hat der Fonds Landschaft Schweiz FLS im Kanton Solothurn bereits unterstützen können, mit insgesamt rund einer Million Franken. Sein Leitungsgremium, die FLS-Kommission, hat die Jahrestagung 2020 zur Besichtigung von geförderten Projekten in der Landwirtschafts- und Schutzzone Witi Grenchen – Solothurn genutzt.
Der Fonds Landschaft Schweiz FLS ist 1991 vom Parlament zur 700-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft gegründet worden, um Projekte zur Aufwertung und Erhaltung naturnaher Kulturlandschaften zu fördern. Schweizweit hat der FLS seit seiner Gründung bereits 155,9 Millionen Franken für rund 2’700 Projekte in allen Landesgegenden zur Verfügung gestellt. Am 22. März 2019 haben die eidgenössischen Räte die Weiterführung des FLS bis 2031 beschlossen und weitere 50 Millionen Franken für den FLS bereitgestellt. Über die Gewährung von Beiträgen entscheidet die FLS-Kommission unter der Leitung der früheren Ständerätin Verena Diener. Einmal pro Jahr hält das vom Bundesrat gewählte Leitungsgremium des FLS eine Sitzung ausserhalb Berns ab, um den Kontakt mit Behördenvertretern und Projektträgerschaften zu pflegen und um geförderte Projekte zu besichtigen.
Vielfältiges FLS-Engagement in verschiedenen Gegenden des Kantons
Dieses Jahr hat die FLS-Kommission (vom 14. bis zum 16. September) im Kanton Solothurn getagt. Neben ihren Arbeitssitzungen in der Stadt Solothurn besichtigte sie unterstützte Projekte in der «Witischutzzone» (vgl. detaillierte Informationen, weiter unten. Insgesamt hat der FLS im Kanton Solothurn bereits mehr als 25 Projekte mit insgesamt rund einer Million Franken fördern können; in den letzten Jahren beispielsweise
- die Sanierung einer Trockenmauer auf dem Obergrenchenberg im Rahmen von interkulturellen Jugendaustausch-Arbeitswochen des Vereins Naturkultur (siehe Kasten III),
- die Anlage einer Teichkaskade auf dem Bio-Hof Waldenstein in der Gemeinde Beinwil,
- das Aufwertungsprojekt «Aareknie» von Pro Natura Solothurn am Aareufer bei Wolfwil (Amphibienweiher),
- die Sanierung des Weihers «Obere Wis» in Holderbank,
- ein Förderprojekt des Forstbetriebs Buecheggberg für Wiesel, Amphibien, Reptilien und Libellen,
- die Anlage von sechs neuen Weihern durch Pro Natura Solothurn als Lebensraum für die Geburtshelferkröte im Leimental sowie
- die Aufwertung des einzigen Hochmoors im Kanton Solothurn, des Chlöpfibeerimoos (gemeinsam realisiertes Projekt der Naturschutzfachstellen der Kantone Bern und Solothurn sowie Pro Natura Schweiz und Solothurn).
Als Beispiele für früher unterstützte Projekte seien erwähnt:
- die Erhaltung von elf landschaftsprägenden Heuschobern (Scheunen) im Gebiet des Balsthaler Oberbergs und nachfolgende Aufwertungsprojekte im regionalen Naturpark Thal,
- die Revitalisierung von drei Jura-Bächen oberhalb der Stadt Grenchen sowie Pflegemassnahmen im Waldpark Wengistein (Solothurn) und im Ballypark (Schönenwerd), der 2016 mit dem Schulthess Gartenpreis ausgezeichnet wurde.
Ökologisch wertvolle Feuchtbiotope in der Grenchner Witi
Das vom FLS unterstützte Aktionsprogramm des Kantons Solothurn zur Riedförderung zeigt Wirkung.
Die Aareebene zwischen Grenchen und Solothurn ist eine Kulturlandschaft von grosser ästhetischer und ökologischer Bedeutung. Im grösstenteils intensiv genutzten Landwirtschaftsgebiet, das auch als Naherholungsraum dient, finden sich auch seltene Riedvegetationen und offene Gewässer mit einer artenreichen Flora und Fauna. Als wichtiges Rast- und Brutgebiet für zahlreiche Vogelarten ist die «Grenchner Witi» von nationaler Bedeutung, weshalb sie 1992 ins Bundesinventar der Wasser- und Zugvogelreservate (WZVV) aufgenommen wurde.
Über Jahrtausende prägte die mäandrierende Aare die Grenchner Witi und gestaltete sie zu einer einmaligen Auen- und Sumpflandschaft. Die regelmässig überschwemmte Fläche konnte nur schlecht bewirtschaftet werden und bestand bis in die 1920er Jahre grösstenteils aus Streuewiesen und Wässermatten, die von Be- und Entwässerungs-gräben durchzogen waren. Erst die beiden Juragewässerkorrektionen 1868-1878 und 1962-1973 machten aus der für die Landwirtschaft schlecht nutzbaren, periodisch überfluteten Ebene ein ertragreiches Ackerbaugebiet. Viele charakteristische Tier- und Pflanzenarten sind durch die drastische Trockenlegung der Riedlandschaft verschwunden oder sehr selten geworden.
Mit dem Anliegen, die offene Ackerlandschaft zu erhalten und eine naturnahe Bewirtschaftung zu fördern, trat 1994 die kantonale Landwirtschafts- und Schutzzone Witi Grenchen – Solothurn («Witischutzzone») in Kraft. Die Massnahmen zum Schutz der Witi waren Bedingung des Bundes für den Bau des 1.7 km langen Wititunnels. Mit der Untertunnelung konnte die Zerschneidung des ökologisch bedeutenden, auch als «Hasenkammer der Schweiz» bekannten Gebietes durch die Nationalstrasse A5 verhindert und der Verlust von wertvoller Landwirtschaftsfläche vermieden werden.
Mit dem Aktionsprogramm «Riedförderung Grenchner Witi 2011-2015» des Amts für Raumplanung, Abteilung Natur und Landschaft des Kantons Solothurn, wurden von 2011 bis 2015 in der Grenchner Witi zahlreiche bestehende Naturobjekte aufgewertet und neu geschaffen, Tümpel, Flutmulden und artenreiche Wiesen angelegt, Gräben wiederhergestellt sowie Hecken und seltene Riedvegetation angepflanzt. Von 2012-2016 wurde die Instandstellung und ökologische Vernetzung der Feuchtbiotope auch vom FLS unterstützt, mit insgesamt 230'000 Franken.
Die Massnahmen zur Riedförderung kommen vor allem den besonderen Tier- und Pflanzenarten der Grenchner Witi zugute: Brutvögel und rastende Durchzügler wie der Weissstorch werden gezielt mit Nahrungs- und Brutbiotopen gefördert. Auch der Laubfrosch konnte dank der Schaffung und Pflege geeigneter Laichgewässer sowie Ried- und Auenvegetation in einem gemeinsamen Projekt mit dem Natur- und Tierpark Goldau ab 2014 sehr erfolgreich wieder angesiedelt werden. Die Population wurde 2020 bereits als «sehr gross» eingestuft – die oberste Liga.
Das vom FLS massgeblich unterstützte Aktionsprogramm führte dazu, dass die Grenchner Witi 2017 sogar in das Bundesinventar der Amphibienbiotope von nationaler Bedeutung aufgenommen wurde.
Eindrückliche Beispiele für den Erfolg des Projekts lassen sich bei einem Augenschein in der Nähe des Ostportals des Witi-Tunnels feststellen: Hier ist ein Wiesenstück, das oft Nässeschäden aufwies, in einen flachen temporären Tümpel verwandelt worden. Er wird im Frühling und Sommer mit Grundwasser gespeist: mittels einer Pumpe, die mit vor Ort produziertem Solarstrom angetrieben wird. Projektleiter Jonas Lüthy vom kantonalen Amt für Raumplanung bezeichnet das so geschaffene Biotop scherzhaft auch als «Technotop». Er berichtet begeistert, wie sich das temporäre Gewässer in Kürze zu einem beliebten Lebensraum für Kreuzkröten und Laubfrösche entwickelt hat. «Zu bestimmten Zeiten braucht es wegen des Riesenkonzerts der Amphibien an diesem Tümpel beinahe einen Gehörschutz». So konnte die Witilandschaft auch akustisch wiederhergestellt werden.
Weitere Informationen: www.so.ch/witi
Schuldismatt mit Waldtümpel und temporärer Flutwiese aufwerten
Mit der Unterstützung eines gemeinsamen Projekts von Pro Natura und des Kantons Solothurn in der Gemeinde Selzach leistet der FLS einen weiteren Beitrag zur Aufwertung der Witi.
Vor den Juragewässerkorrektionen war die Grenchner Witi von Gräben und Bächen durchzogen und bildete mit ihren reichlich eingestreuten Gehölzgruppen ein Mosaik vielfältiger Lebensräume. Durch die Trockenlegung der Witi ab den 1920er Jahren ging seltene Riedvegetation und ein Grossteil der temporären und permanenten Gewässer verloren.
Um das charakteristische Landschaftsbild der Witi wiederherzustellen und heimische Arten zu schützen, planen der Kanton Solothurn und Pro Natura Solothurn die Schaffung eines Feuchtbiotops auf der Schuldismatt in der Gemeinde Selzach. Der Boden der Parzelle bietet wegen des tonreichen, schwer durchlässigen Bodens beste Voraussetzungen für den Bau eines Tümpels und einer temporären Flutwiese als neue Lebensräume für die Kreuzkröte, den Lauffrosch und weitere Amphibien.
Der Brunnen wurde bereits erfolgreich gebohrt und getestet. Eine mit Solarpanel betriebene Grundwasserpumpe soll den gewünschten Wasserstand herbeiführen, ohne die angrenzenden landwirtschaftlichen Kulturen zu gefährden. Sie soll auch sicherstellen, dass der Tümpel während der Entwicklung der Amphibienlarven nicht austrocknet. Mit der gleichzeitigen Erhaltung des Feldgehölzes werden auch der Charakter des Waldstückes und die Deckung für Wildtiere sowie das Brutrevier der Nachtigall weiterhin sichergestellt.
Mit der Kombination aus Tümpel, Wiesland und Gehölz bietet die Schuldismatt eine Vielzahl an Lebensräumen für gefährdete und seltene Arten. Nicht nur der Laubfrosch und die Kreuzkröte, auch diverse Libellen und die Ringelnatter profitieren von den Aufwertungsmassnahmen im Gebiet. Der neue Lebensraum im Wiesland dient vielen Zug- und Watvögeln wie dem Wald- und Bruchwasserläufer sowie der Bekassine als Rastplatz und Nahrungsbiotop. Auch die Weissstörche aus dem benachbarten Altreu («Storchendorf Europas») werden sich über das Biotop freuen.
Trockenmauern erneuern – durch junge Leute aus Konfliktgebieten
Der Solothurner Verein Naturkultur und der FLS treten im Rahmen des Programmteils «Marktplatz» des 2. Schweizer Landschaftskongresses am 19./20. Oktober in Lausanne gemeinsam auf, um ein Projekt spezieller Art zu präsentieren.
«Building walls, breaking walls» heisst das Projekt, das der Verein Naturkultur seit 2013 durchführt. Junge Menschen aus Nordirland, Israel und Palästina, die das Trennende von Mauern im Alltag erleben, lernen einander in gemeinsamer Arbeit an Trockenmauern kennen, erfahren das Verbindende dieses traditionellen Handwerks – und überwinden so kulturelle, religiöse und politische Barrieren. Im Rahmen dieser interkulturellen Arbeitseinsätze werden Jahr für Jahr zerfallene Abschnitte der langen Trockenmauer entlang der Wandflue auf dem Obergrenchenberg wiederaufgebaut, was der FLS bisher mit rund 52'000 Franken unterstützt hat.
Das Projekt ist ein kleiner Mosaikstein in den Bemühungen, den Dialog und die Verständigung unter jungen Menschen aus Konfliktgebieten zu fördern. Es kommt aber auch der Kulturlandschaft zugute und zeigt beispielhaft auf, was Freiwilligenarbeit zur Erhaltung von Trockenmauern als prägende Elemente der Kulturlandschaft leisten kann.
Um das doppelt wirksame Projekt bekannter zu machen, hat der FLS sich zusammen mit dem Verein Naturkultur um einen Auftritt als «Tandem» auf dem «Marktplatz» des diesjährigen Landschaftskongresses beworben. Der FLS gehört zu den 15 Institutionen und Organisationen, die zur Trägerschaft des 2. Schweizer Landschaftskongresses gebildet worden ist. Er soll am 19. und 20. Oktober 2020 – sofern es die Corona-Entwicklung erlaubt - in Lausanne (oder digital) stattfinden, teils parallel, teils gemeinsam mit dem internationalen Jubiläums-Event zu 20 Jahren europäische Landschaftskonvention. Es werden deshalb auch Delegationen aus den 40 Staaten erwartet, die der Landschaftskonvention beigetreten sind.
Für den Verein Naturkultur und den FLS wird der Landschaftskongress somit eine gute Gelegenheit sein, auf den Nutzen von Arbeitseinsätzen, in denen Freiwillige durch Fachleute angeleitet werden, für die Erhaltung naturnaher Kulturlandschaften aufmerksam zu machen. Verbindung von persönlichem Engagement mit professionellem Knowhow schafft Verständnis dafür, dass Landschaftsqualität nicht einfach vorhanden und gratis zu haben ist, sondern durch Anstrengungen immer wieder neu gesichert werden muss – und kann!
Weitere Informationen: www.nakultur.ch / www.fls-fsp.ch / www.landschaftskongress.ch